"Aus Wut Mut machen" - ein Bericht des Journalisten Dirk Planert über die aktuelle Situation der Flüchtlinge in der bosnischen Stadt Bihaċ

Der Dortmunder Journalist Dirk Planert ist der Franziskaner Mission Dortmund seit vielen Jahren freundschaftlich verbunden. Auch in unserer Zeitschrift „Franziskaner Mission“ durften wir Artikel und Fotos von ihm veröffentlichen.

Als Journalist berichtet Herr Planert immer wieder über die Menschen in Bosnien, für die er sich auch privat im Bereich der humanitären Hilfe sehr einsetzt. Vor einigen Tagen hat er uns eine Nachricht aus der Stadt Bihaċ im äußersten Nordwesten Bosnien-Herzegowinas geschickt – eine Stadt, deren Gesicht stark von den Strömen geflüchteter und hilfsbedürftiger Menschen geprägt ist.

Dirk Planert schreibt: „Sie alle haben in den Nachrichten mitbekommen, was in Syrien, der Türkei und Griechenland passiert. Hier in Bihaċ kommen täglich neue Flüchtlinge an. Das jedoch noch nicht wegen der Lage in den genannten Ländern. Es sind diejenigen, die wir erwartet haben. Menschen aus Lagern in Griechenland, Serbien und Sarajevo, die den Winter dort abgewartet haben. Konkrete Zahlen gibt es nicht. In den vier offiziellen IOM Camps befinden sich etwa 3200 Menschen. 700 davon in den Familiencamps Borici und Sedra. Dazu kommen Hunderte in den illegalen Spots. Das sind allein hier in Bihaċ etwa 30 Ruinen und andere Orte, in denen Menschen hausen. […]

Der Winter war hart. Wir haben mehrere Wochen lang täglich Menschen bis zu 30 Kilometer tief im Wald gefunden und versorgt. Bei 30 Zentimeter Schnee und Minustemperaturen tief im Wald regelmäßig auch Frauen und Kleinkinder. Um Weihnachten herum wollte ein kleiner Junge mitten im Wald einen Kuss von mir (ein Freund hat diesen Moment eingefangen, er ist auf dem Foto oben zu sehen). Er war mit seinen Eltern unterwegs nach Europa, nahe der Grenze zur EU. Mittlerweile ist der Junge in den Niederlanden und sicher. Ich stehe mit seinen Eltern in Kontakt. Vater, Mutter und Sohn sind Flüchtlinge aus Syrien. Mehrfach waren sie bereits zurückgepusht worden. Nun haben sie, was sie gesucht haben: Frieden, Sicherheit und täglich etwas zu essen für ihren Sohn Omar. Er ist nun zwei Jahre alt. Es gibt hier auch gute Nachrichten.

Niemand weiß, was in den nächsten Tagen/Wochen in Griechenland passieren wird. EU Kommissionspräsidentin von der Leyen sagte in Griechenland, das die europäischen Werte verteidigt werden müssten, um im selben Atemzug die Griechen für den Grenzschutz zu loben und 100 weitere Frontex Mitarbeiter anzukündigen. Dort sind Flüchtlinge an der Grenze getötet worden. Vor Lesbos ist ein Kind ertrunken.  Für keine vernünftige Lösung gibt es eine politische Mehrheit in der EU. Die Menschen hier vor Ort müssen also davon ausgehen, dass da einiges auf sie zu kommt. […] Politik ist nicht mein Job. Trotzdem habe ich in Brüssel auf Einladung gesagt, was zu sagen ist. Ich stehe im Austausch mit den sehr engagierten EU Abgeordneten Dietmar Köster, Erik Marquardt und Bettina Vollath. Das ist notwendig und sinnvoll. Bettina Vollath (MEP) und eine spanische EU Parlamentarierin waren vor kurzem hier. Außerdem sind regelmäßig Journalisten aus verschiedenen Ländern da. So ergibt sich, was sein muss: Die Bürger in Europa müssen wissen, was sich hier an den Außengrenzen abspielt. Zu viele nehmen das mit einem Schulterzucken hin.  Nur die Politik kann Lösungen finden. Bis dahin gilt es, Menschen in Notsituationen zu helfen, die Menschenrechte und auch Europa zu verteidigen. Das, was ich - und ich denke viele von uns - unter Europa verstehen:  Die Würde des Menschen…“

Dirk Planert ist der bosnischen Nichtregierungsorganisation SOS Bihaċ sehr verbunden.  Als Besitzer einer Aufenthaltsgenehmigung wartet er nun auf die Erteilung eines Visums und einer Arbeitsgenehmigung, um die Arbeit dieser Hilfsorganisation noch gezielter unterstützen und den geflüchteten Menschen direkt vor Ort helfen zu können.  

Dirk Planert schreibt: „Wer uns unterstützen will, kann dies tun. Jede noch so kleine Hilfe werden wir brauchen. Lebensmittel und Schlafsäcke sind im Augenblick das Wichtigste.

Manchmal packt mich hier die Wut. Ich drehe den ersten Buchstaben um. In unserer Sprache ist das zum Glück möglich. Dann wird daraus Mut. Das ist dann eine positive Energie.“

Falls Sie das Projekt von Herrn Planert finanziell unterstützen möchten, können Sie folgende Kontoverbindung  verwenden:

Dirk Planert / Team Vucjak
IBAN: DE 22 4416 0014 6605 0393 00
BIC: GENODEM1DOR (Dortmunder Volksbank)